Die Unausweichlichen der Unternehmensfinanzen

Hilfen für Finanz-Hasen, Unterlagen-Messies und Zahlenphobiker

„Natürlich habe ich Dein Buch durchgelesen!“, sagte meine Freundin, wich dabei aber meinem Blick aus. Irgendwas stimmte hier nicht, ich wusste nur noch nicht genau, was. „Ich fand’s toll! …“ und noch immer mied sie meinen Blick. „Ehrlich!“ Ok, das setzte nun dem Fass die Krone auf… Wenn jemand in einem solchen Zusammenhang „ehrlich“ sagt, ist schon klar: alles gelogen! Melanie hatte also „Geld kann jeder!“ gelesen, den einfachsten Einstieg in Unternehmensfinanzen für Selbstständige und Kleinunternehmer, den ich mir vorstellen kann. Das Buch für all die Leute, die, wie ich vor bald fünfzehn Jahren, vor der Frage stehen, wie sie ihre Finanzen „gestalten“ sollen, wenn es gerade von der Hand bis in den Mund reicht – wenn überhaupt. Melanie war schon seit einigen Jahren selbstständig, kam aber finanziell auf keinen grünen Zweig. Sie hatte mein Buch mit Begeisterung entgegen genommen. Was sie von der Lektüre für sich übernommen hatte, bekam ich heute mit, da wir uns bei meinem Lieblings-Inder gegenüber saßen. Nichts hatte sie für sich übernommen. Und deshalb hatte sie ein schlechtes Gewissen. Richtig so!, dachte ich bei mir.

Ihre Einschätzung: Zu viel, zu komplex, zu aufwendig. Meine Frage: Was sie denn wirklich brauche?

Was einfacheres. Nur die Grundlagen. Die unausweichlichen.

Also habe ich mir überlegt, was unausweichlich ist, wenn die Finanzen stimmen sollen.

Die Unausweichlichen*

Bist Du ein Unterlagen-Messie?

Du bist wie Melanie, hast keinen Bock auf den ganzen Papierkram, verdienst zu wenig, um Dir einen eigenen Sekretär oder eine eigene Buchhalterin zu leisten? Deine Steuerberaterin unterstützt Dich? (Ganz wichtig, zumal ich Dir keine entsprechenden Beratung geben darf und auch nicht kann.) Du möchtest „alles richtig machen“, aber möglichst wenig dafür tun?

Dich mit folgenden Dingen einmal intensiv und dann jedes Jahr einmal auseinanderzusetzen, ist die absolute minimale Grundlage, um finanziell über die Runden zu kommen. Ich rate Dir, mehr zu tun, Dich intensiver mit Deinen Finanzen – unternehmerisch wie privat – zu befassen. Geld, das sind ja nicht bloß Zahlen auf dem Konto oder bunte Scheinchen und klingende Münzen. Geld eröffnet Möglichkeiten – nicht bloß Schnickschnack, Spaß und Spielzeuge, sondern richtige, echte Gestaltungsmöglichkeiten, Macht und Verantwortung.

Es geht hier nicht um Luxus …

Hier also das absolute Minimum:

  1. Subsistenz – das schöne lateinische Wort für „Von-der-Hand-in-den-Mund“. Ich bezeichne damit alles, was Du zum Bestreiten Deines Alltags brauchst – privat wie unternehmerisch.
  2. Krankenkasse – das unschöne deutsche Wort für eine im Grunde großartige Einrichtung. In Deutschland besteht Versicherungspflicht auch für Selbstständige. Mit anderen Worten: Brauchst Du!
  3. Steuern – das unschöne deutsche Wort für Deinen Beitrag zum Gemeinwohl. Straßen, Krankenhäuser, Polizei, Bildung und vieles mehr! Danke für Deinen Beitrag! (Und wehe, wenn nicht!)
  4. Zukunft – Altersvorsorge,  Vermächtnis, Vermögen. Wie auch immer Du es nennen magst: Für Deine Zukunft musst Du vorsorgen!
  5. Wohltätigkeit – Geben gehört zum Leben!

Diese fünf Dinge gehen wir im Folgenden einzeln durch.

Subsistenz

Damit Dein Laden – und Dein Leben – läuft, brauchst Du Geld. Du musst herausfinden, wie viel. Und dann die Kosten senken. Und flexibel bleiben, denn es kann Schwankungen geben.

Einmal

Setz Dich mit Deinen Kontoauszügen – privat wie geschäftlich – hin und ermittle Deinen Bedarf. Die Verbraucherzentralen bieten Unterstützung in diesem Bereich. Und natürlich gibt es auch Online-Tools und Apps. Mir ist es immer ein bisschen unangenehm, wenn mir Apple oder Google solche Tools zur Verfügung stellen – aber es gibt diese Tools und wenn Du sie nutzen möchtest, tu’s. Drei Monate solltest Du Dir beispielhaft mindestens anschauen (besser zwölf), achte aber darauf, dass Du auch jährliche und halbjährliche Kosten (z.B. Versicherungen) auf dem Schirm hast.

Du brauchst einen Überblick über Deine Ausgaben. Im nächsten Schritt prüfst Du, welche Ausgaben Du in Zukunft nicht mehr zu tätigen brauchst. Was kannst Du weglassen? Wo kannst Du billiger wegkommen?

Den Betrag, den Du zum Leben brauchst, musst Du erwirtschaften können. Wenn nicht, brauchst Du einen Plan B. Und denk daran: Die betrieblichen Kosten sind steuerlich absetzbar – aber Deine privaten Kosten sind dies in der Regel nicht. Geld, das Du aus Deinem Unternehmen für Dich privat nutzt, ist bei einer Einzelfirma Teil Deines Unternehmensgewinns und wird besteuert!

Am besten ist, Du splittest Dein regelmäßiges Einkommen auf: Ein Teil geht auf Deine Girokonten (privat/Unternehmen), ein Teil geht auf Deine Rücklagenkonten (privat/Unternehmen). Dort sammelst Du zum Beispiel für größere Anschaffungen (privat: Waschmaschine, Urlaub/Unternehmen: neues Inventar, größere Produktions-/Reise-/Werbekosten). WAS, vier Konten?! Was das wieder kostet!

Nicht viel: Es gibt auch für Unternehmen Girokonten, für die keine Grundgebühr anfällt, sondern nur niedrige Gebühren für Transaktionen (Überweisungen, Daueraufträge usw.). Tagesgeldkonten gibt es bei einigen Direktbanken gebührenfrei.

Ich nutze für einmalige, außergewöhnliche Einnahmen diesen Aufteilungsplan (Excel-Sheet).

Alle Jahre wieder

Prüfe, ob Du mit dem von Dir ermittelten Betrag regelmäßig auskommst. Dein Girokonto sollte regelmäßig im Plus sein. Bist Du kurz vor Ende eines jeden Monats am Ende Deines Geldes, musst Du erneut schauen, wie Du Kosten senken und Einnahmen erhöhen kannst. Oder Plan B bemühen.

Krankenkasse

Ohne Krankenkasse geht es nicht. Such Dir die günstigste Möglichkeit, beachte Deine speziellen Bedarfe (Zähne, Augen). Krankenkasse gehört zu den Ausgaben, die Du regelmäßig tätigen musst.

Steuern

Noch so’n Ding: Ohne geht es nicht. Hör auf zu jammern und zu zetern: Finde Dich damit ab. Sieh zu, wie Du Deine Steuerlast möglichst niedrig hältst und halte Dich fern von „tollen Tricks“ und allzu „fantasievollen Gestaltern“. Damit Du Deine Steuern immer und pünktlich zahlen kannst, kannst Du aus Deinen eigenen Erfahrungswerten bzw. mit Unterstützung Deines Steuerberaters ermitteln, wie viel in etwa regelmäßig auf Dich zukommt. Leg Dir ein eigenes (Tagesgeld-)Konto für regelmäßige Steuerrücklagen an und gewöhne Dir an, aus jeder Einnahme Geld aufs Steuerkonto zu legen. Dann erschlägt es Dich nicht eines Tages aus heiterem Himmel.

Zukunft

Die Zukunft schreit nicht, schickt Dir keine Mahnungen und verhängt bei Vernachlässigung keine Strafen. Das ist schlecht. Denn Du brauchst regelmäßige Einzahlungen auf Deine Zukunft. Wenn Du als Selbstständige kein Vermögen aufbaust, wirst Du mit dem Ende Deiner erwerbstätigen Zeit auf staatliche Almosen angewiesen sein – oder auf das Wohlwollen Deines kleinen Bruders Klaus und – schlimmer noch – Deiner Schwägerin Agathe. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Du das möchtest!

Wohltätigkeit

Zu einem freudvollen und erfüllten Leben gehört Geben dazu. Geben markiert weit mehr als Nehmen Deinen Platz in der Welt, Deine Zugehörigkeit. Geben kann Dir helfen, Deinem Lebenssinn näher zu kommen.  Wenn Du (fast) gar kein Geld hast, dann gib wenig Geld. Vielleicht kannst Du Deine Zeit einsetzen. Wenn Du 10% von Deinen Nettoeinnahmen spendest, sparst Du weitere Steuern und Du bekommst ein besseres Gefühl für Deinen eigenen Reichtum.

Aber Achtung: Wer mehr gibt, als er sich leisten kann, ist bald nicht mehr in der Lage zu geben.

Plan B

Wenn Du mit dem Geld, das Du durch Deine Selbstständigkeit erwirtschaftest überhaupt nicht auskommst, musst Du Dir etwas überlegen. In „Geld kann jeder!“ habe ich Sir Steven Wilkinson interviewt. Er erläutert, wie an der betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) abzulesen ist, ob das Geschäftsmodell stimmt. Bist Du  notorisch in den Miesen, könnte es daran liegen, dass Dein Geschäftsmodell verbesserungswürdig ist. Wenn Du weißt, wo das Problem liegt, kannst Du es lösen. Wenn Du es nicht weißt, wird es schwierig.

Viel und hart zu arbeiten, um am Ende unterbezahlt, verschuldet und frustriert zu sein, ist nicht die Art von Selbstständigkeit, zu der ich raten würde. Plan B könnte sein, einen Job zu suchen und möglicherweise nebenher die Selbstständigkeit weiterzuführen – oder auch den Laden zuzumachen.

Dies nur der Vollständigkeit halber. Denn hier ging’s uns ums Unausweichliche mit Blick aufs Geld.

… und das reicht?

Nein, das reicht natürlich nicht! Das ist ein Anfang. Ein Anfang für Dich, damit Du Dich nicht verlierst in den endlosen Weiten der Finanzwelt. Zum einen brauchst Du ein Minimum an Versicherungen für die grundlegenden Lebensrisiken (Haftpflicht, Hausrat, bei wirtschaftlich Abhängigen: Lebensversicherung, Berufsunfähigkeit sowie ggf. die ein oder andere Versicherung für Deinen Laden). Du brauchst ein Minimum an Finanzbildung, um investieren zu können: Dein Geld soll schließlich nicht auf der faulen Haut liegen. Und Du könntest Dich  mal mit der Frage auseinandersetzen: Warum Du keine Lust hast, Dich mit Geld und Finanzen mit größerer Freude zu befassen. Wie oben angesprochen: Geld kann sowohl für Sicherheit als auch für Freiheit hilfreich sein, Dir Türen öffnen und Möglichkeiten erschaffen. Ich meine nicht, dass Du mit dem Arbeiten „aufhören“ solltest, sobald Du genug Geld beieinander hast – das würde mir im Traum nicht einfallen, denn ich liebe, was ich tue. Aber nicht abhängig zu sein davon, dass Du Tag für Tag ackerst, um ein Einkommen zu haben, wäre das nicht ein erstrebenswertes Ziel? Das bedeutet Arbeit mit Deinen Glaubenssätzen. Einen Anfang dazu findest Du im Buch „Geld kann jeder!“ und ein bisschen Material kostenlos auf der Webseite.

 

* Wenn Du aber doch ein bisschen mehr für Deine finanzielle Unternehmenssituation tun möchtest, auf einem grünen Zweig leben und arbeiten möchtest, dann schau doch mal, ob das von Mike Michalowicz entwickelte System Profit First für Dich geeignet ist. (In Deutschland wird es von der Profit First Professional Benita Königbauer betreut.) Es ist am Start etwas aufwendiger, aber wenn es einmal läuft, wird es Dich treu in eine finanziell abgesicherte Zukunft führen. Wenn Du Dich einlesen möchtest: Ich habe das Buch ins Deutsche übersetzt.

Foto: © canva.com

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