Gewinnberatung statt Steuerberatung – Leseprobe zum Thema Buchhaltung und Verwaltung

Verwaltungsaufgaben in 30 Minuten pro Woche plus einer Minute am Tag

„Wir sind, was wir wiederholt tun. Exzellenz ist von daher keine Aktion, sondern eine Gewohnheit.“ – Will Durant

Peter und ich wurden eher mal zurückhaltend begrüßt. Wenn deine Kun­den einen Berater engagieren und der Berater sich mit dir als Steuerberater treffen will, dann weißt du, dass etwas nicht stimmt. Uns wurde Kaffee angeboten – ein zarter Versuch, höflich zu erscheinen. Währenddessen ließ ich meine Augen das Büro erkunden. Es war ein altmodisches Büro: Tep­pichboden, Jalousetten. Überall Papierstapel. Vier große Aktenschränke enthielten vermutlich Aktenmappen. Dieser Ort bestätigte meine Vermu­tung. Ich hatte es nicht mit einem modernen Steuerbüro zu tun. Das war kein Steuerberater, der in der Cloud arbeitet und sich über digitale Neue­rungen freut. Dies war ein typisches altmodisches Steuerbüro. Nach dem üblichen Smalltalk stellte ich eine wichtige und wie ich glaubte, unschuldige Frage. „Ich verstehe, dass die Zahlen des vergangenen Jahres noch nicht vollständig vorliegen,“ fing ich an, „aber mich würden Peters vorläufige Zahlen interessieren. Wie sehen sie mit Blick auf Umsatz und Gewinn aus?“ Greg schaute überrascht auf. Diese Informationen konnte er mir nicht geben. Es gab keine vorläufigen Zahlen. Ich war verwirrt. „Du hast die Umsatzsteuer abgegeben, oder nicht?“, setzte ich erneut an. „Dann muss es doch vorläufige Zahlen geben, oder nicht?“ Gregs Antwort schockte mich: „Wir haben die Umsatzsteuer von Hand erstellt, in Excel. Wir haben noch keine Zahlen in die Buchhal­tungssoftware eingegeben.“ Das hat er gesagt. Ich wurde still. Ich hatte in der Zusammenarbeit mit meinen Kunden schon viel erlebt – aber das schoss den Vogel ab.

Jetzt hast du eine Vorstellung von deinen idealen Kundinnen und Kunden und deren realen Problemen und Zielen. Jetzt gehen wir tiefer. Was lieferst du als Gewinnberater, was ein gewöhnliches Steuerbüro nicht liefert? Wie lieferst du so viel Zusatznutzen, dass du dich als Gewinnberater bezeich­nen kannst? Einerseits hängt die Antwort darauf natürlich von deiner Expertise und deinen Kompetenzen ab. Andererseits gibt es zahlreiche Schritte, die jeder Unternehmer zu gehen hat. Ich begleite dich auf diesem Weg in die­sem und dem nächsten Kapitel.

Schritt 1: Du hilfst deinen Kundinnen und Kunden, ihre Buchhaltung in 30 Minuten pro Woche zu erledigen (dieses Kapitel).

Schritt 2: Du hilfst deinen Kunden dabei, einen Finanzplan zum Erfolg zu erstellen (Kapitel 5).

Schritt 3: Du bringst deinen Kundinnen und Kunden bei, wie sie ihre Fi­nanzen mit Hilfe von Profit First managen können (Kapitel 6).

Bevor du deinen Kunden wirklich und wahrhaftig dabei helfen kannst, mehr Gewinn zu erzielen und die schönen Dinge an ihrem Haus zu ge­stalten, muss das Fundament stehen. Die Buchhaltung muss stimmig sein, bevor du mit dem Zeug starten kannst, von dem du träumst: die wun­dervolle Küche einbauen zu lassen oder, mit unternehmerischen Worten, Gewinn zu machen. Die Konten müssen tagtäglich in Ordnung sein, und zwar mit so wenig Einsatz an Zeit, Energie und Geld wie möglich. In diesem Kapitel zeige ich dir, warum Buchhaltung zu teuer ist und erkläre dir, wie du deine Kunden Schritt für Schritt dahinbringen kannst, dass sie ihre Buchhaltung in einer halben Stunde pro Woche erledigen können.

Der Verwaltungsschmerz

Frag Unternehmer, wie es ihrer Buchhaltung geht und sie fragen dich, ob du kein spannenderes Gesprächsthema hast. Ich habe zahlreiche Webinare für Unternehmer gehalten und habe über ein Umfragetool einige Fragen gestellt. Eine der Fragen war:80 „Was kostet dich die Buchhaltung?“ a. … zu viel Zeit b. … zu viel Geld c. … zu viel Energie d. … zu viel Zeit, Geld und Energie e. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Buchhaltung In einem normalen Webinar bekam ich in der Regel die in Abbildung 3 dargestellten Ergebnisse. Abb. 3: Antworten auf die Frage „Was kostet dich die Buchhaltung?“ Wir können vorsichtig schlussfolgern, dass zwei Drittel der Unternehmer mit ihren Finanzen nicht zufrieden sind. Die Buchhaltung kostet zu viel Zeit, zu viel Geld oder zu viel Energie oder zu viel von allen dreien. We- nig überraschend, dass Unternehmer lieber über etwas anderes sprechen möchten. Suche mal auf Facebook oder Twitter einen Tag vor der Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung nach „Umsatzsteuer“. Ausnahmslos fi ndest du zumindest in den Niederlanden Kommentare wie:Tortendiagram mit der Einteilung: 34% Ich bin sehr zufrieden mit meiner Buchhaltung - 26% … zu viel (negative) Energie - 17% … zu viel Zeit - 12% … zu viel Geld - 11% … zu viel Zeit, Geld und Energie

Unternehmerische Qualen in einem Wort: #Umsatzsteuer.

Unglaubliches Sch*ßwetter, also ist Zeit für den Sch*ßjob des Quartals: Umsatz­steuererklärung! #hoffentlichschnellfertig #Umsatzsteuer #Steuererklärung.

Bäh … #Verwaltung #Steuerklärung, lästige #Belege, #Buchhaltung und #Umsatz­steuer gehören natürlich auch dazu …

Ok, das Stressding des Quartals ist mal wieder erledigt: #Umsatzsteuer #Steuererklä­rung abgegeben!

Warum ist die Umsatzsteuererklärung für Unternehmer ein solches Drama? Eines der größten Probleme ist, dass Unternehmer in den Niederlanden, wo die Umsatzsteuer immer quartalsweise zu erklären ist, drei Monate lang ihren Kopf in den Sand stecken und alles geben, um ihre Buchhaltung zu ignorieren. Und dann, wenn sie es wirklich nicht mehr aufschieben kön­nen, manchmal wirklich zehn Minuten vor Abgabeschluss, müssen sie das Chaos der letzten drei Monate abarbeiten. Da ist es kein Wunder, dass dies zu Stress und Widerstand führt.

Die Lösung ist zugleich einfach wie komplex. Der Kunde braucht Buchhaltungsgewohnheiten, Prozesse und Systeme. Wenn Buchführung zur täglichen Routine wird, braucht sie kaum noch Zeit und Energie und ist immer aktuell. Sieh es wie Zähneputzen. Die meisten Menschen mö­gen das Zähneputzen nicht sonderlich. Und doch putzen wir alle unsere Zähne zweimal am Tag. Das ist ein faszinierendes Phänomen: Warum tun wir etwas, das wir gar nicht tun möchten? Es gibt mindestens zwei Haupt­gründe dafür:

  1. Es ist eine Gewohnheit. Wir werden schon in jungen Jahren darauf getrimmt. Du putzt deine Zähne zweimal täglich für jeweils zwei Mi­nuten. So einfach ist das.
  2. Diese Gewohnheit aufzugeben, hätte furchtbare Konsequenzen. Wenn du deine Zähne nur einmal im Jahr oder einmal im Quartal putzt, wirst du bald Wurzelbehandlungen über dich ergehen lassen müssen oder gar Zähne verlieren. Und das will niemand.

Genau aus diesen beiden Gründen ist es wichtig, auch die Buchhaltung zu einer Gewohnheit zu machen:

  1. Wenn die Buchhaltung täglich aktualisiert wird, müssen deine Kunden sich nie wieder fragen, ob sie jetzt Lust darauf haben. Sie machen es einfach.
  2. Die Konsequenzen einer quartalsweisen Buchhaltung sind furchtbar. Im Vergleich zu täglicher Aktualisierung kann es zehnmal länger dau­ern, die Konten einmal im Quartal auf den aktuellen Stand zu bringen. Fehlende Belege; Erinnerungen an diese Belege, die du deinen Kunden wieder und wieder geschickt hast; Belege, die unauffindbar bleiben, ob­wohl du zigmal daran erinnert hast; Vorgänge, die kein Mensch mehr wirklich durchdringen kann, selbst wenn man stundenlang darauf ge­starrt hat – all das kostet viel Geld. Tausende Euro werden auf diese Weise jährlich vergeudet, weil Buchhaltung keine Gewohnheit ist, son­dern etwas, das man über Wochen und Monate aufschiebt.

Stell dir vor, wie das Leben wäre, wenn all deine Kundinnen und Kunden eine Minute pro Tag auf ihre Konten verwenden würden – einfach als eine tägliche Gewohnheit? Alle Belege und Rechnungen werden sofort im System erfasst. Du musst nie wieder einem Beleg nachjagen. Belege gehen nicht mehr unter. Stell dir vor, was das für deine internen Prozesse und Vorgänge bedeuten würde. Die Arbeit lässt sich viel leichter organisieren, weil du jeden Tag ein bisschen tust, anstatt einen Riesenberg einmal pro Monat oder pro Quartal zu bewältigen. Dein Team spielt nicht den gan­zen Sommer über Tischtennis, während sie im Februar Nachtschichten schieben müssen.

Und das sind nur die internen Prozesse. Stell dir vor, was es für deine Kunden bedeuten würde, wenn sie ihre Umsatzsteuererklärungen am Mo­nats- oder Quartalsende ohne jeden Stress und ohne jede Mühe abgeben könnten. Einfach nur per Knopfdruck. Und was würde es deinen Kunden bedeuten, wenn sie ihre eigene finanzielle Situation mit einem Blick aufs Dashboard erfassen könnten, weil ihre Buchhaltung regelmäßig aktuali­siert wird. Und was es für die Ergebnisse bedeuten würde, wenn du deinen Kunden helfen könntest, höhere Gewinne zu erwirtschaften – dank dieser Basis. Wenn erst einmal alles eingerichtet ist, wird es himmlisch. Aller­dings kann es, abhängig von der Ausgangsposition deines Kunden, einige Mühe kosten, diese Basis zu errichten.

Es ist deine Aufgabe, deine Kundinnen und Kunden beim Einführen dieser Prozesse und Gewohnheiten zu begleiten, bis sie ihre Buchhaltung in einer Minute pro Tag und 30 Minuten pro Woche erledigen können. Ich gebe dir drei Grundvoraussetzungen und sieben Schritte, um diesen Zustand zu erreichen.

Verwaltung in 30 Minuten pro Woche

Bevor deine Kundin ihre gesamte Buchhaltung in einer Minute pro Tag und 30 Minuten pro Woche erledigen kann, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Buchhaltung muss vollständig online laufen.
  2. Alle Prozesse müssen von passender Technologie gestützt sein.
  3. Die Prozesse müssen eingeführt, organisiert und laufend implemen­tiert werden.

Grundvoraussetzung 1: Online-Buchhaltung

Deine Kundinnen sagen vielleicht, dass sie daran kein Interesse haben. Oder vielleicht bist du seit 15 Jahren Steuerberater oder Buchhalter und erledigst die Arbeiten immer noch so wie früher. Doch als Gewinnberater ist die Buchhaltung offline keine realistische Option mehr und zwar aus zwei Gründen:

  1. Es ist notwendig, dass dein Kunde die Belege und Rechnungen ab­liefert und du möchtest, dass diese Ablieferung so reibungslos und rasch wie möglich vorgenommen wird. Nur so kannst du dich darauf konzentrieren, deinen Kunden dabei zu helfen, mehr Gewinn zu er­wirtschaften. Du möchtest nicht, dass Belege verloren gehen und du möchtest deinen Kunden nicht daran erinnern müssen, dass noch Be­lege eingereicht werden müssen. Und du möchtest ganz sicher nicht, dass deine internen Prozesse vom Kunden vorgegeben werden.
  2. Sowohl du als auch deine Kunden – ihr beide braucht zeitnahen Ein­blick in die Zahlen – nicht die vom letzten Jahr, nicht einmal die vom letzten Quartal. Und auch nicht durch einen Bericht, den du einmal pro Monat erstellst und schickst. Buchungsvorgänge des Vortages müs­sen verfügbar und aktuell sein, damit deine Kundin ihre Bücher prüfen kann, während sie auf den Zug wartet. Einfach gesagt: Alle deine Kun­dinnen und Kunden müssen online arbeiten.

Grundvoraussetzung 2: Technologie

Über die Online-Buchhaltungssoftware hinaus gibt es viele weitere tech­nologische Entwicklungen, die deinen Kunden und dir helfen, Zeit, Geld und Energie zu sparen. Es braucht möglicherweise Zeit, diese Programme zu finden und zu installieren, doch sobald sie im Einsatz sind, kannst du für alle Seiten Zeit sparen und die Gewinne erhöhen. Ich spreche von automatisierten Schnittstellen mit Banken, Verknüpfung des Onlineshops mit dem Buchhaltungssystem, Scanning- und Erkennungsfunktionen, Rechnungslegung aus dem Buchhaltungssystem heraus (und nicht aus Word, Excel oder einem weiteren Rechnungssystem.de, das nicht mit dem Buchhaltungssystem verlinkt ist). Und es wird in naher Zukunft noch weit mehr geben. Geh voran, spare deinen Kundinnen und Kunden die Mühe und lass die Computer die Arbeit erledigen.

Grundvoraussetzung 3: Prozesse implementieren

Dieser Punkt ist vermutlich der teuerste, wenn er nicht richtig funktio­niert. Und leider humpeln beinahe alle Unternehmer an dieser Stelle et­was hinterher. Häufig sind die grundlegendsten Prozesse nicht ordentlich aufgesetzt und führen daher zu hohen Kosten. Beispielsweise gibt es eine Vermischung privater und geschäftlicher Ausgaben und Belege, außerdem werden Rechnungen nicht ordentlich abgelegt. Doch es geht auch um et­was komplexere Prozesse: Wie überträgst du deinen Umsatz aus dem On­lineshop ins Buchhaltungssystem? Häufig basteln Unternehmer irgendwie eine Lösung zusammen – und das kann am Ende jede Menge Geld kosten.

Mein Lieblingsbeispiel ist die Pizza, … die am Ende deutlich mehr als 50 Euro kostet.

Angenommen dein Kunde – wir nennen ihn Omar – arbeitet mit sei­nem Team spät in den Abend hinein und sie bestellen Pizza. Die Pizza wird geliefert und er nimmt den Beleg für 44,95 Euro von der obersten

Pizzabox und legt sie auf seinen Schreibtisch (Schritt 1). Das Team fut­tert die Pizzen. Am nächsten Tag, wenn die Kontenbewegungen gebucht werden, siehst du die Ausgabe in Höhe von 44,95 Euro, zu der du keinen Beleg hast. Du buchst den Betrag auf ein Umbuchungskonto, auf dem du Beträge sammelst, die du nicht zuordnen kannst (Schritt 2). Am Monats­ende schickst du deine Liste mit nicht zugeordneten Beträgen an Omar (Schritt 3). Er bekommt die E-Mail, schaut sie sich an und hat keine Lust, sich darum zu kümmern (Schritt 4). In den nächsten Tagen schaut er rund zehn Mal auf die E-Mail und hat noch immer keine Lust, sich damit zu befassen (Schritte 5 bis 14). Du schickst ihm eine Erinnerungsmail (Schritt 15). Omar beschließt, aktiv zu werden und beginnt, nach dem Be­leg zu suchen. Er gräbt seinen gesamten Schreibtisch um, findet aber den Beleg nicht (Schritt 16). Am Ende des Arbeitstages unternimmt er einen weiteren Anlauf und findet endlich den Beleg (Schritt 17). Er schickt dir den Beleg mit einer kurzen Erläuterung (Schritt 18). Du bekommst die E-Mail (Schritt 19), arbeitest allerdings gerade mit einem anderen Kun­den und machst erst einmal nichts damit. Am nächsten Tag schaust du dir Omars E-Mail an. Du machst die Buchhaltungssoftware auf und ver­arbeitest den Beleg (Schritt 20). Wenn du die gesamte Zeit addierst, die mit einer kleinen Ausgabe verbunden ist, dann kostet die Pizzabestellung für 44,95 Euro mittlerweile 244,95 Euro.

Ist das eine witzige Geschichte? Ja, klar. Ist sie überzogen? Nein, ei­gentlich nicht. Du weißt so gut wie ich, dass Klärungen und die Jagd nach Belegen bei weitem der größte Posten an Ineffizienz in der Buchhaltung deiner Kunden ist. Das kostet die Kundinnen und Kunden locker Tausen­de Euro jährlich mit Blick auf die Schritte, die du zu unternehmen hast – was du im Übrigen lieber gar nicht tun müsstest. Stell dir nur einfach mal vor, was es bedeuten würde, wenn du nie wieder Posten ohne Belege auf dem Umbuchungskonto parken müsstest, weil Omar und deine anderen Kunden ihre Belege immer sofort in die Buchhaltungssoftware einscan­nen. Ihr bemerkt beide den Effekt der erhöhten Effizienz in euren Brief­taschen. Natürlich profitieren auch deine Kunden davon, dass du weniger Zeit mit ihrer Buchführung verbringen musst. Und zugleich zahlen sie dir gern mehr Geld, als sie einem altmodischen Buchhalter zahlen würden, der ihnen nicht dabei hilft, effiziente Prozesse zu implementieren. Du hast Omars größtes Ärgernis identifiziert: Hilf ihm es loszuwerden.

 

Weiterlesen kannst du in

Femke Hogema, Gewinnberatung statt Steuerberatung. Die neue Rolle von Finanzfachleuten

Dies hier sind die Seiten 78-85 aus dem Buch.

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