Kooperation durch Vertrauen – Leseprobe ASPIRE

Vertrauen – Der Motor für die Kooperation

Nachdem Sie die Menschen mobilisiert haben, die Sie zur Umsetzung Ihrer Vision brauchen, ist es nun wichtig, wirksame Maßnahmen zu koordinieren. Dies geschieht durch das Setzen messbarer Ziele, das Erstellen von Plänen, das Verteilen von Rollen und das Übergeben von Verantwortung. Dies gilt sowohl für die Umsetzung einer politischen Vision wie die Implementierung von Freiheit und Demokratie, als auch für organisatorische Veränderung, wie die Gründung eines neuen Softwareunternehmens. In den beiden Beispielen, die ich zuvor erwähnt habe – die Friedliche Revolution in der DDR und die Gründung eines Softwareunternehmens –, war es nunmehr, nachdem die Menschen mobilisiert wurden, an der Zeit, Maßnahmen zu koordinieren. Werfen wir nochmal einen Blick auf die Montagsdemonstrationen in Leipzig im Jahr 1989. Zwei junge Pastoren, Christian Führer und Christoph Wonneberger, organisierten die montäglichen Friedensgebete in der Nikolaikirche, von denen die Friedliche Revolution ihren Anfang nahm. Es bedurfte der Planung und Koordination, um die Friedensgebete abzuhalten, die Menschen zur Teilnahme zu motivieren und dazu aufzurufen, anschließend friedlich zu demonstrieren. Die Demonstranten mussten sich darauf einigen, ihre Forderungen friedlich vorzutragen, auch angesichts von Drohungen und Provokationen durch Polizei und Geheimdienst. Um ihren Forderungen Gehör zu verschaffen, mussten sie sich zur selben Zeit am selben Ort versammeln und gemeinsam in dieselbe Richtung gehen. Sie mussten sich auch über ihre Reaktion auf mögliche Polizeigewalt einigen und sich in Gewaltlosigkeit üben. Aktionen wie diese erforderten eine enge Zusammenarbeit.

Die Demonstrationen begannen mit einer kleinen Gruppe, die dann immer mehr Menschen dazu inspirierte, sich anzuschließen, und wuchsen innerhalb weniger Wochen auf 320.000 Menschen an. In ähnlicher Weise mussten meine Kollegen, meine Kolleginnen und ich bei HP, um ein neues Softwareunternehmen zu gründen, uns auf Strategien einigen, Ziele setzen, Aktionspläne erstellen, Rollen und Verantwortlichkeiten festlegen und koordiniert vorgehen. Auch dies erforderte eine enge Kooperation. Kooperation ist die sechste der sieben wesentlichen verhaltensbezogenen Führungskompetenzen. Sie baut auf den fünf vorangegangenen auf: der Sorge um das Wohlergehen anderer, die durch emotionale Empathie geweckt wird, der Verpflichtung zum Dienen, die aus dem Mitgefühl erwächst, dem Verständnis, das durch Interesse entsteht, der Entwicklung von Visionen, die durch Optimismus ermöglicht wird, und der Mobilisierung, die aus der Inspiration zu handeln erwächst. Wie die fünf vorangegangenen Verhaltensweisen wird auch die Kooperation von einer Emotion angetrieben, und diese Emotion ist Vertrauen. Misstrauen hingegen behindert die Kooperation. Vertrauen ist das Herzstück von Leadership, denn es wirkt sich auf jedes einzelne der sieben in diesem Buch besprochenen Führungsverhalten und die damit verbundenen emotionalen Antriebskräfte aus. Vertrauen ist die sechste der sieben Emotionen zum Herbeiführen von erstrebenswerten Veränderungen. Untersuchungen haben gezeigt, dass in Organisationen, in denen ein hoher Grad von Vertrauen herrscht, bessere Leistungen erbracht werden und Mitarbeiter gesünder, glücklicher und engagierter sind. Bevor ich diese Zusammenhänge näher erkläre, möchte ich das folgende Beispiel anführen, das einen tieferen Einblick in die besondere Bedeutung von Vertrauen gibt.

Vertrauen besiegelt den Deal

Helmut Kohl, zum Zeitpunkt des Mauerfalls Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, wollte den Schwung der Mobilisierung der Menschen in Ostdeutschland für die Wiedervereinigung des Landes nutzen. Dazu musste er zunächst das Misstrauen der Staats- und Regierungschefs Frankreichs, des Vereinigten Königreichs und der USA überwinden, die zustimmen mussten, vor allem aber musste er das Vertrauen des sowjetischen Staatschefs, Michail Gorbatschow, gewinnen.

Leider hatte für Kohl die Beziehung mit Gorbatschow einen schlechten Anfang genommen, nachdem dieser Generalsekretär der Kommunistischen Partei geworden war. In einem Interview im Jahr 1986, noch bevor Kohl Gorbatschow überhaupt jemals persönlich getroffen hatte, verglich Kohl ihn mit dem Nazi-Propagandachef Joseph Goebbels. Diese Beleidigung zeigte nicht nur Kohls Argwohn gegenüber dem sowjetischen Staatschef, sondern kränkte auch Gorbatschow persönlich und schürte dessen Misstrauen gegenüber Kohl. Dies war nicht das einzige Hindernis, das dem Vertrauen zwischen diesen beiden Staatsmännern im Weg stand. Als Gorbatschow zehn Jahre alt war, erlebte er die deutsche Invasion in seinem Heimatdorf Priwolnoje, während sein Vater in der Roten Armee gegen die Besatzer kämpfte. Gorbatschow musste mit ansehen, wie die Deutschen sein Dorf in Schutt und Asche legten. Auch durchlebte er die Trauer, seinen Vater verloren zu haben. Dieser war schwer verwundet worden und man hielt ihn für tot. Glücklicherweise überlebte sein Vater letztendlich den Krieg. Aufgrund dieser persönlichen Erlebnisse hatte Gorbatschow Gründe, den Deutschen und ihrem Kanzler zu misstrauen. Doch damit Kohl seinen Lebenstraum von der Wiedervereinigung Deutschlands verwirklichen konnte, musste Gorbatschow als sowjetischer Staatschef, der über die Zukunft Ostdeutschlands entschied, zustimmen. Zunächst schien eine Zusammenarbeit für ein solch monumentales Abkommen unerreichbar. Doch schließlich stimmte Gorbatschow der Wiedervereinigung Deutschlands zu. Wie die beiden Männer diesen Punkt in ihrer Beziehung erreichten, dass Gorbatschow schließlich die Ablehnung der Wiedervereinigung aufgab, ist eine Lektion in Sachen Vertrauensbildung, die sich auch auf Unternehmen anwenden lässt. Doch bevor ich wiedergebe, wie die beiden Staatschefs dies erreichten und wie dies als eine Lektion angewendet werden kann, möchte ich Vertrauen genauer definieren.

Was ist Vertrauen?

Die folgende Definition von Vertrauen, die ich hier sinngemäß anführe, stammt von meinem Kollegen Charles Feltman: Vertrauen ist die Emotion, die es uns erlaubt zu riskieren, etwas, das uns zutiefst am Herzen liegt, den Handlungen einer anderen Person auszusetzen. Nehmen wir an, Sie legen Wert auf Ihren öffentlichen Ruf. Vertrauen zu einem Menschen würde dann bedeuten, dass Sie sich nicht scheuen, Informationen mit diesem Menschen zu teilen, die Ihrem Ruf schaden könnten. Ihr Vertrauen erlaubt es also, Ihren Ruf durch die Handlungen dieser Person angreifbar zu machen. Vertrauen heißt dann, Sie sind sich sicher, dass diese Person die Informationen nicht an andere weitergeben wird. Wären Sie sich nicht sicher, würden Sie es ungern riskieren, diese sensiblen Informationen mit dieser Person zu teilen. Untersuchen wir nun, was Gorbatschow riskierte, das ihm am Herzen lag und das er gegenüber Kohls Handlungen angreifbar machte. Als sowjetischer Staatschef war Gorbatschow auf das Wohlergehen seines Landes bedacht. Die Sowjetunion hatte wirtschaftlich zu kämpfen, und die Menschen litten darunter. Gorbatschow war bestrebt, Reformen durchzuführen, und er benötigte die Hilfe der westlichen Länder, einschließlich der Vereinigten Staaten und Westdeutschlands. Kohl strebte nach der Wiedervereinigung seines Landes, und er brauchte dafür die Zustimmung Gorbatschows. Gorbatschows Trauma, als Kind den Überfall seines Dorfes durch die Deutschen selbst erlebt zu haben, führte dazu, dass es ihm besonders wichtig war, sein Land vor einem erneuten Angriff Deutschlands zu schützen. Er wollte die Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden schaffen. Die Sowjetunion und die westlichen Alliierten hatten Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in West- und Ostdeutschland geteilt, um zu verhindern, dass es jemals wieder eine militärische Bedrohung für ihre Länder darstellen könnte. Für Gorbatschow stellte eine deutsche Wiedervereinigung ein mögliches Risiko für den Nachkriegsfrieden in Europa dar, da er nicht wissen konnte, welche militärischen Ambitionen ein gestärktes Deutschland entwickeln würde, wenn er der Wiedervereinigung zustimmte. Um Gorbatschow dazu zu bringen einzuwilligen, musste Kohl Gorbatschows Vertrauen gewinnen, das heißt, er musste Gorbatschow das Vertrauen vermitteln, dass ein wiedervereinigtes Deutschland keine Bedrohung für den Frieden in Europa und für die Sowjetunion darstellen würde. Um Vertrauen aufzubauen, mussten beide Staatsführer einschätzen, wie der jeweils andere handeln würde. Charles Feltman unterscheidet vier Kriterien, um zu beurteilen, ob jemand vertrauenswürdig ist. Diese sind Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Kompetenz und Sorge füreinander.

Aufrichtigkeit bedeutet, dass Sie sagen, was Sie meinen, und meinen, was Sie sagen, und entsprechend handeln. Es geht darum, sich selbst und anderen gegenüber ehrlich zu sein. Gorbatschow wollte sicher sein, dass Kohls Verpflichtung für den Frieden und die wirtschaftliche Unterstützung der Sowjetunion nach einer möglichen Wiedervereinigung aufrichtig war.

Verlässlichkeit meint, dass andere sich darauf verlassen können, dass Sie halten, was Sie versprechen. Es geht darum, Verpflichtungen einzuhalten. Beide Staatschefs mussten darauf vertrauen, dass der andere zuverlässig war und ihren Abmachungen nachkommen würde.

Kompetenz ist die Einschätzung, dass Sie die Fähigkeit besitzen, das auszuführen, was Sie vorhaben. Es geht darum, dass Sie über die erforderlichen Fertigkeiten, das Wissen, die Ressourcen und die Zeit, um eine bestimmte Aufgabe oder Arbeit zu erledigen, verfügen. Gorbatschow und Kohl mussten darauf vertrauen, dass der jeweils andere die nötige Führungskompetenz besaß, um die erforderliche Unterstützung im eigenen Land zu gewinnen.

Sorgen besagt, dass Sie bei Ihren Entscheidungen und Handlungen die Interessen der anderen Person genauso im Auge haben wie Ihre eigenen. Ihre Sorge um die andere Person wird durch emotionale Empathie ausgelöst und ist mit Mitgefühl und Interesse verwandt. Beide Staatsmänner mussten sich auf persönlicher Ebene kennenlernen, damit sie emotionale Empathie und somit Sorge füreinander entwickeln konnten. Betrachten wir, wie beide diese vier Kriterien der Vertrauensbildung erfüllten.

Vertrauen aufbauen

Schon bald nach Gorbatschows Amtsantritt und dem unangemessenen Goebbels-Vergleich erkannte Kohl Gorbatschows fortschrittliches Denken und die Relevanz für die deutsch-deutschen Beziehungen. Um die Tür für ein erstes Treffen zu öffnen, entschuldigte sich Kohl zunächst für seine Beleidigung. Da er noch nicht zu einem Treffen mit Gorbatschow eingeladen worden war, übermittelte er seine Entschuldigung über den Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der 1987 Moskau besuchte. Dies ebnete den Weg für das erste Treffen zwischen Kohl und Gorbatschow im Oktober 1988 in Moskau. Bei diesem Treffen wies Kohl darauf hin, dass er und Gorbatschow etwa gleich alt seien und dass beide Familien die Schrecken des Krieges erlebt hätten. Er wies auch darauf hin, dass Gorbatschows Vater verwundet worden war und dass Kohls eigener Bruder im Alter von 18 Jahren im Krieg gefallen war, wie diese Szene Gorbatschows Biograph, William Taubman, beschrieben hat. Kohl zeigte Empathie für die Kindheitserfahrungen Gorbatschows und damit, dass dieser ihm als Mensch am Herzen lag. Indem er seinen eigenen Schmerz über den Verlust seines Bruders teilte, half Kohl Gorbatschow, im Gegenzug auch Empathie für ihn zu empfinden. Dieses Gespräch könnte dem sowjetischen Staatsoberhaupt auch dabei geholfen haben, die Aufrichtigkeit des Kanzlers in Bezug auf seine Verpflichtung zum Frieden einzuschätzen, denn Gorbatschow habe berührt reagiert, als Kohl von seinem eigenen Kriegstrauma erzählte, wie Zeugen des Gesprächs berichteten. Die beiden unterhielten sich nicht nur über ihre Rolle als Staatsoberhäupter zweier Länder, die gegensätzliche politische Werte vertraten, sondern bauten auch eine Beziehung von Mensch zu Mensch auf. Gorbatschow, der diese persönliche Verbindung schätzte, betrachtete ihr erstes Treffen als strategischen Wendepunkt in den sowjetisch-westdeutschen Beziehungen. Ein erster Schritt zur Vertrauensbildung war getan. Doch weitere Schritte mussten folgen. Acht Monate später, im Juni 1989, besuchte Gorbatschow Westdeutschland. Während dieses Besuchs trafen sich die beiden Männer dreimal unter vier Augen. In Kohls Haus, wo sie mit ihren Ehefrauen zu Abend aßen, tauschten die beiden Erlebnisse aus ihrer Kindheit aus und sprachen über das Leid ihrer Familien während des Zweiten Weltkrieges. Zu diesem Zeitpunkt sagte Kohl zu Gorbatschow, dass er seine Politik und ihn als Person achte. Diese privaten Treffen bestätigten ihr gegenseitiges Urteil als sich sorgende und aufrichtige Gesprächspartner. Indem sie bei ihren Gesprächen auch eine Übereinstimmung in ihrer Politik entdeckten, machten sie ebenfalls Fortschritte darin, den jeweils anderen als kompetenten Partner zu bewerten. Gorbatschow sagte bei seinem Besuch in Bonn, er schätze das Vertrauen, das bei jedem Treffen zwischen den beiden Männern wachse. Der französische Historiker Cyril Buffet schrieb in einem Artikel für die Zeitschrift Deutschland Archiv im Jahre 2019, dass Westdeutschland am Ende des Besuchs zum „wichtigsten Partner Moskaus in Europa“ geworden sei. Als Gorbatschow Kohl ein Jahr später, im Juli 1990, zu Verhandlungen in Bezug auf eine deutsche Einheit in Moskau empfing, lud er ihn auf eine Rundreise durch seine Heimat ein, und sie übernachteten in einem kleinen VIP-Resort im Kaukasusgebirge, wo sie ihre Beziehung weiter vertieften. Die Freundschaft, die zwischen ihnen gewachsen war, wurde durch eine Handlung von Gorbatschows Frau Raisa symbolisiert. Während sie im Resort auf Kohl und ihren Mann wartete, pflückte sie einen Strauß Blumen, den sie Kohl bei seiner Ankunft überreichte. In Russland drückt man mit dem Schenken von Blumen warmherzige Gefühle oder Dankbarkeit für eine Person aus. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, wann genau die beiden Männer bei diesen Treffen den jeweils anderen als zuverlässigen Partner erkannten. Aber zum Zeitpunkt der Kaukasusreise mussten sie bereits zu dieser Einschätzung gelangt sein. Eine wichtige Voraussetzung war sicher, dass am 21. Juni 1990, also kurz vor ihrem Treffen, sowohl die Volkskammer der DDR als auch der Bundestag eine Erklärung verabschiedeten, in der sie die Oder-Neiße-Grenze als endgültige Westgrenze Polens anerkannten. In dieser Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens besiegelten sie ihre Vereinbarung über die Wiedervereinigung Deutschlands, die sie am nächsten Tag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz bekanntgaben. Zwar wurde Gorbatschows Zustimmung in hohem Maße von der politischen und wirtschaftlichen Krise der Sowjetunion sowie von seiner größeren Vision eines geeinten Europas beeinflusst, doch ohne Vertrauensbildung hätte er der Wiedervereinigung vielleicht nie zugestimmt. Wenn Kohl nicht gelernt hätte, dem sowjetischen Führer zu vertrauen, wäre er vielleicht nicht in der Lage gewesen, sich verletzlich zu zeigen und dadurch Gorbatschow die Möglichkeit zu geben, ihn auf einer tieferen Ebene kennenzulernen und ihm zu vertrauen. Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Kompetenz und Sorge sind auch für Sie die vier Kriterien, die Ihnen helfen, Ihr Vertrauen in Bezug auf andere zu beurteilen und zu entwickeln. Lassen Sie mich die Anwendung dieser vier Kriterien am Beispiel meiner Suche nach einem Softwareentwicklungspartner, wie ich sie in Kapitel 4 beschrieben habe, aufzeigen. Nachdem die unternehmenseigenen Softwareingenieure plötzlich nicht mehr für die Entwicklung des neuen Softwareprodukts zur Verfügung standen, musste ich ein externes Partner unternehmen finden, dem ich vertrauen konnte. Es musste ein Unternehmen sein, das bereit war, im Voraus zu investieren, das darüber hinaus über die passenden Fähigkeiten verfügte und sich für das Projekt begeisterte. Im Gegenzug würde diese Firma strategischer Partner eines globalen Unternehmens sein und angemessen am finanziellen Erfolg beteiligt werden. Dies war ein attraktives Angebot für ein kleineres Unternehmen, das bestrebt war, auf dem globalen Markt zu wachsen. Zunächst erstellte ich eine längere Liste von Kandidaten, die ich dann in einer Vorauswahl auf zwei Kandidaten reduzierte. Für eine abschließende Bewertung besuchte ich zusammen mit einigen meiner Kollegen und Kolleginnen diese beiden Unternehmen. Vorab stellte ich mir die Frage, wie wir darauf vertrauen konnten, dass das Unternehmen, das wir auswählten, unseren Anforderungen gerecht würde. Dazu verwendete ich die bereits beschriebenen vier Vertrauenskriterien: Sorge, Kompetenz, Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit.

Wir stellten also Fragen, die uns halfen, beide potenziellen Entwicklungspartner nach diesen vier Kriterien zu beurteilen. Der Besuch bei Unternehmen A fiel zunächst gut aus. Die Ingenieure des Unternehmens hörten sich unsere Bedürfnisse empathisch an und zeigten Sorge um unsere Bedürfnisse. Auch gewannen wir den Eindruck, dass sie über die von uns gewünschten Kompetenzen zur Softwareentwicklung verfügten. Jedoch war ich mir über die Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit ihres Geschäftsführers unsicher. Ich fragte mich, wie ehrlich sein Interesse an einer langfristigen Partnerschaft war. Zum Ende unseres Besuchs lud uns der Geschäftsführer zum Abendessen ein, was mir Gelegenheit zu einem eher informellen Gespräch gab. Ich fragte ihn: „Stellen Sie sich vor, unser gemeinsames Projekt wird außerordentlich erfolgreich. Was werden Sie dann tun?“ Ohne eine Pause zu machen, antwortete er: „Dann werde ich etwas finden, mit dem ich mehr Geld verdienen kann. „In diesem Moment hatte ich das Gefühl, diese Antwort sei ihm einfach so herausgerutscht, denn er war sofort bemüht, vom Thema abzulenken. Doch nun hatte ich Bedenken, dass seine Motivation für die Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrags mit uns darin bestand, die finanzielle Bewertung seines eigenen Unternehmens zu erhöhen, um es zu einem guten Preis zu verkaufen. Schließlich würde dieser Partnervertrag den Wert seines Unternehmens enorm steigern. Wir waren auf der Suche nach einer langfristigen und stabilen Partnerschaft.

Aber nun befürchtete ich, dass wir am Ende mit einem uns unbekannten Partner dastehen könnten. Anschließend besuchten wir Unternehmen B, führten wiederum formelle Gespräche und ein informelles bei einem Abendessen. Auch hier nutzte ich das Gespräch mit dem CEO, um ihn auf einer eher persönlicheren Ebene kennenzulernen. Er erzählte mir, wie er das Unternehmen von Grund auf aufgebaut hatte und wie stolz er auf diese Leistung war. Er sprach darüber, wie es den Mitarbeitern Chancen einer beruflichen Karriere bot und dass unsere Partnerschaft es dem Unternehmen ermöglichen würde, Kunden auf der ganzen Welt zu bedienen. Dieser CEO, so erkannte ich, sah in seinem Unternehmen einen höheren Sinn und Zweck. Er sprach auch über den Beitrag, den er für die Menschen in seinem Land leisten wollte. Durch das Gespräch wuchs in mir Vertrauen in seine Aufrichtigkeit und Integrität. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass er ein wirkliches Interesse an dem Wohlergehen anderer hatte, während es mir so schien, dass der CEO von Unternehmen A in erster Linie auf seinen eigenen Vorteil bedacht war. In Bezug auf Unternehmen B hatte ich hingegen das Gefühl einem Partnerabkommen zustimmen zu können. Ich habe diese Entscheidung nie bereut, denn die Partnerschaft bewies sich als sehr fruchtbar.


ACHTUNG!

Am 26.10.2023 ab 16.30 Uhr feiern wir die große Bookparty für Führungskräfte mit Reiner Lomb!

Weiterlesen

kannst du in Reiner Lomb, ASPIRE: Führen mit Emotionen.

Dies hier sind die Seiten S. 126-134 aus dem Buch.

Gleich in unserem Shop bestellen: Reiner Lomb, ASPIRE: Führen mit Emotionen

 

 

 

 

 

 

Das Foto zeigt ein Halbbild des Autors Reiner Lomb, freundlich lächelnd im Gespräch mit einer Workshopteilnehmerin, die im Vordergrund erahnt werden kann. Reiner Lomb trägt ein Hemd mit offenem Kragen und kurze gepflegte braune Haare. Reiner Lomb ist der Gründer von BoomerangCoach, einer Coaching-Firma für Führungskräfte, die sich auf Führungs- und Karriereentwicklung, Innovation und Wandel spezialisiert hat. Reiners Mission ist, Führungskräfte zu mobilisieren und zu entwickeln, um eine nachhaltigere und positivere Zukunft für alle zu schaffen. Als Executive Coach arbeitet er mit Führungskräften und Changemakern in einer Vielzahl von Organisationen zusammen, von Startups und multinationalen Unternehmen bis hin zu gemeinnützigen Organisationen und lokalen Gruppen – alle mit dem Ziel, Veränderungen zu bewirken. Ganz gleich, ob er mit Führungskräften, Unternehmer:innen, Selbstständigen oder indigenen Stammesführern arbeitet, Reiners Kund:innen schätzen seine internationale Geschäfts- und kulturübergreifende Führungserfahrung.

Bevor er Executive Coach wurde, war Reiner mehr als 30 Jahre lang in der Technologiebranche tätig, gründete und entwickelte Softwareunternehmen und leitete die Entwicklung von Führungskräften.

Du kannst sein Buch ASPIRE. Führen mit Emotionen hier vorbestellen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert