Unternehmervorsorge: Wenn der Ernstfall eintritt

Diese ganze Geschichte rund um Unternehmervorsorge begann am 07. April 2004, meinem 26. Geburtstag. An diesem Tag erwachte ich an einem einsamen Strandabschnitt am anderen Ende der Welt, in Neuseeland. Ich war mit meiner heutigen Ehefrau Carina unterwegs auf unserer Weltreise, in einem kleinen Camper, total verzaubert von der Schönheit der Natur dieses wundervollen Landes. Auch diese Nacht hatten wir wieder ein glückliches Händchen bei der Suche nach einer „Rest Area“, also einem Platz an dem man wild campen darf. Keine fünf Minuten von den berühmten „Pancake Rocks“ auf der Südinsel Neuseelands entfernt hatten wir direkt am Strand übernachtet – mit Blick auf das Meer und Wellenrauschen zum Einschlafen. Dieser Morgen hätte damals also nicht besser sein können. Dennoch gab es ein „Aber“, in Form eines furchtbaren Albtraums mitten in der Nacht. Ich hatte geträumt, dass ich bei meinen Eltern in der Küche saß und mein Vater mir erzählte, dass er schwer krank sei und nur noch drei Monate zu leben hätte. Die ganze Nacht über kämpfte ich mit den Tränen und wollte das einfach nicht wahrhaben – natürlich alles im Traum. Als ich morgens aufwachte, sah ich nicht wirklich aus wie ein Geburtstagskind, das sich im Moment mitten auf einer Weltreise an einem der schönsten Flecken der Erde befand. Meine Frau und ich waren damals bereits seit acht Jahren ein Paar und natürlich sah sie mir beim Frühstück sofort an, dass etwas mit mir nicht stimmte. Kein Wunder, der Traum hatte sich total real und emotional angefühlt. Also erzählte ich ihr von meinen Albtraum, in der Hoffnung, die furchtbaren Gedanken und das damit verbundene Gefühl zu vertreiben. Aber auch nachdem ich ihr davon erzählt und sie mir gut zugeredet hatte, verflog der Schreck nicht, den mir dieser Traum eingejagt hatte. Also beschlossen wir, uns auf die Suche nach einer Telefonzelle zu machen, damit ich meine Eltern anrufen konnte. Einen Vorwand um nachzufragen, wie es ihnen ging, gab es ja, schließlich hatte ich Geburtstag. Es sollte bis zum Abend dieses Tages dauern, das ungute Gefühl loszuwerden, denn bei elf Stunden Zeitverschiebung trifft ein Anruf morgens um 10 Uhr neuseeländischer Zeit in Deutschland nicht auf besondere Gegenliebe. In der Stadt Nelson – unserem Etappenziel für diesen Tag – fand ich schließlich die Gelegenheit zu telefonieren. Meine Erleichterung war riesig, als ich meine Eltern dran hatte und die beiden mir sagten, es sei alles in Ordnung.

Der 7. Sinn

Vier Wochen später waren wir wieder zu Hause und ich saß bei meinen Eltern. Ich erzählte ihnen ausführlich von unserer wunderschönen Reise. Irgendwann in diesem Gespräch teilten mir meine Eltern mit, dass mein Vater an Lymphknotenkrebs erkrankt sei und sich schon bald einer Chemotherapie unterziehen würde. Ich war wie vom Blitz getroffen. Sofort war das Gefühl, das ich nach meinem Traum in Neuseeland hatte, wieder präsent. Konnte das denn sein? Hatte ich einen siebten Sinn und konnte Ereignisse in meinen Träumen vorhersehen? Oder schlief ich und der Albtraum wiederholte sich einfach nur? Leider war es diesmal kein Traum, sondern bittere Realität. Ich erzählte meinen Eltern von meinem Traum und fragte, warum sie mir denn bei meinem Anruf nichts gesagt hätten. Natürlich wollten sie mich nicht beunruhigen oder gar den Rest der Reise versauen. Ich als Vater von drei Kindern würde das heute exakt genauso handhaben wie damals meine Eltern. Mein Vater beruhigte mich damit, dass er noch längst nicht vorhabe, den Löffel abzugeben, sondern gegen den Krebs ankämpfen werde. Mit sämtlichen Mitteln, die zur Verfügung standen, vom Nonisaft bis zum Schamanen. Und er hielt Wort damit, was mir in der Zeit danach bewies, dass er es wirklich schaffen wollte.

Von der Unternehmergattin zum drohenden Sozialfall

Manchmal kämpft man und am Ende steht doch die Niederlage. Am 18. Januar 2006 verstarb mein Vater, im Alter von nur 51 Jahren. Ob ihn am Ende der Krebs oder doch eher die Folgen der Chemotherapie besiegten, erscheint mir auch heute, mehr als vierzehn Jahre später, müßig zu diskutieren. Das musste ich damals und kann es auch bis heute akzeptieren. Bis heute kann ich aber nicht akzeptieren, dass meine Mutter als Folge des Ablebens meines Vaters ihre Existenzgrundlage verlor. Meine Eltern hatten den Großteil ihrer finanziellen Absicherung mit Hilfe der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme aufgebaut. Als selbständiger Handwerker hätte mein Vater das nicht tun müssen, aber Versicherungen gegenüber war er Zeit seines Lebens eher misstrauisch und so verließ er sich als freiwilliges Mitglied doch lieber auf die gesetzlichen Sozialversicherungsträger, allen voran (auf) die gesetzliche Rentenversicherung. Zusätzliche private Absicherungen spielten damals daher eine untergeordnete Rolle und waren finanziell für ihn als Handwerker auch nicht billig. Ganz abgesehen davon, dass man auch den richtigen Gesundheitszustand aufweisen muss, um in entsprechende private Versicherungen aufgenommen zu werden. Das Ende vom Lied war, dass meine Mutter von der gesetzlichen Rentenversicherung eine „große Witwenrente“ bekam – weniger als 300 € im Monat. Dass man damit damals wie heute keinen Meter weit kommt, kann sich sicher jeder vorstellen. Der Handwerksbetrieb meiner Eltern wurde in Folge der Erkrankung meines Vaters abgemeldet und hinterließ noch Schulden von rund 70.000 €. Das Wohnhaus meiner Eltern, Baujahr 1741, und die abgewirtschafteten Betriebsgebäude waren schuldenfrei. Die Rücklagen meiner Eltern wurden in der Zeit zwischen Mai 2004 und Januar 2006 für zusätzliche Medikamente und Therapien beim Kampf gegen den Krebs eingesetzt. Unter dem Strich war die Situation im Januar 2006 so, dass meine Mutter kein monatliches Einkommen besaß, welches auch nur im Ansatz gereicht hätte, um das Haus zu halten, die Schulden zu tilgen und den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Und offen gesagt: nach 21 Monaten intensiver Pflege und Begleitung erschien es mir als Ding der Unmenschlichkeit, dass meine Mutter ohne Trauerphase sich direkt einen Job genommen hätte um diesen Zustand sofort zu verändern. Von der angesehenen Unternehmergattin zum drohenden Sozialfall – so hart könnte man die Geschichte meiner Mutter zusammenfassen. Die Erkenntnis, dass meine Eltern seit ihrem sechzehnten Lebensjahr geschuftet hatten, um im Ernstfall dann so dazustehen, ist ziemlich sicher ein wesentlicher Grund und Antrieb für mich, die Vorsorge und Absicherung von Unternehmern und ihren Familien in Deutschland nicht weiter dem Zufall oder unserem Staat allein zu überlassen. Darum habe ich es mir zur Lebensaufgabe gemacht, ein „(Sozial-)System für Unternehmer“ aufzubauen, das selbständige Unternehmerfamilien vor plötzlicher Armut in Fällen wie dem meiner Eltern schützt. Darum habe ich nach zehn Jahren damit begonnen, mit Hilfe eines Buchs dieses System für jeden Unternehmer und dessen Familie anwendbar zu machen.

Happy End – oder zumindest Schadenbegrenzung

Jeder Schicksalsschlag beinhaltet die Chance zur Veränderung. Jedes Erlebnis liefert Erkenntnisse darüber, was funktioniert hat und was verbessert werden kann oder muss. Davon bin ich fest überzeugt. Im weiteren Verlauf des Buches werde ich noch von so manchem Erlebnis erzählen und berichten, was ich daraus mitgenommen habe. Dazu zählt, dass meine Mutter nach erfolgreich bewältigter Trauer ihr Leben wieder in die Hand genommen und sich – sprich- wörtlich – aus dem Tal der Tränen heraus gearbeitet hat. Sie hat zwar nicht im Lotto gewonnen, aber nach Jahren der Aufbauarbeit hat sie sich ganz alleine wieder eine Existenzgrundlage geschaffen und damit das Schreckgespenst der drohenden Altersmut vertrieben. Besonders beeindruckt mich bis heute, wie mental stark und glücklich meine Mutter geworden ist. Mir fällt gerade auf, dass ich ihr das öfters auch mal so sagen muss. Ich bin so stolz auf Dich, Mama!

Dies ist eine Leseprobe aus dem Buch „Sorgenlos – Das ABC ganzheitlicher Unternehmervorsorge“ von Thomas Schleicher. Im Handel und in unserem Online-Shop als eBook und gedruckt (Versand innerhalb Deutschlands portofrei und klimaneutral).

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