Die finanzielle Absicherung – wie lange reicht das Geld?

Finanzielle Absicherung im Notfall hat bei Unternehmerfamilien viele Gesichter

284 € im Monat.

Das war die „große Witwenrente“, die meine Mutter ab Februar 2006 von der gesetzlichen Rentenversicherung bekam, nachdem mein Vater kurz zuvor verstorben war. 284 €, mit denen sie ihren Lebensunterhalt, restliche Kredite und einen anstehenden Neubeginn finanzieren sollte. Die Zahl allein sorgt in meinen Vorträgen bei meinen Zuhörern immer für Kopfschütteln und nachdenkliche Gesichter, vor allem bei den Frauen von Unternehmern. Ich vermute, dass die meisten hoffen oder davon ausgehen, selbst eine bessere Ausgangslage im Ernstfall zu besitzen – und doch nicht recht wissen, was ihnen selbst finanziell im Ernstfall konkret zur Verfügung stehen würde.

Wie würde sich wohl die Reaktion meiner Zuhörer verändern, wenn ich ergänzen könnte, dass meine Mutter zu ihrer „großen Witwenrente“ noch eine halbe Million auf dem Konto gehabt hätte? Wenn sie 10.000 € monatlich aus vermieteten Immobilien gehabt hätte? Wenn mein Vater eine Todesfallversicherung von einer Million Euro auf sein Leben zu Gunsten meiner Mutter abgeschlossen hätte, die ihr steuerfrei zugeflossen wäre? Oder wenn ein Unternehmen zur Erbmasse gehört hätte, das ihr Jahr für Jahr eine auskömmliche Gewinnausschüttung im fünf- bis sechsstelligen Bereich geliefert hätte, ohne dass sie im Unternehmen hätte arbeiten müssen?

Vermutlich würden sich die Leute fragen, warum ich aus der Zahl so ein Drama mache. Und sie hätten vollkommen Recht damit. Aber Du weißt ja schon, dass meine Mutter keine dieser anderen Alternativen hatte. Diese große Witwenrente war das Einzige, was an finanzieller Absicherung vorhanden war. Daneben besaß sie „nur“ ihre körperliche Gesundheit und die Klarheit einer 51-jährigen Frau, bei der Suche nach einer Arbeitsstelle nicht wählerisch zu sein.

Diese Tatsache hat mich drei Dinge gelehrt:

  • Erstens waren die gesetzlichen Sozialsysteme im Falle meiner Eltern nicht dafür verantwortlich, dass meine Mutter mit einer total unzureichenden finanziellen Basis ihr weiteres Leben neu ausrichten musste. Meine Eltern trugen selbst die Verantwortung dafür.
  • Zweitens gibt es auf die Frage „Wie sichere ich meine Familie als Unternehmer oder Unternehmerin finanziell ab?“ mehrere Antworten. Eine Vielzahl von Optionen haben massive Auswirkungen darauf, ob eine Witwenrente der gesetzlichen Sozialversicherung extrem wichtig oder total unwichtig ist.
  • Drittens gibt es in allen drei Notfallszenarien (Fall A = vorübergehende Geschäftsunfähigkeit; Fall B = dauerhafte Geschäftsunfähigkeit; Fall C = Todesfall) in Sachen finanzieller Absicherung von Unternehmerfamilien einen gemeinsamen Nenner. Es geht immer darum, wie viel Zeit meinen Vertrauenspersonen im jeweiligen Notfall bleibt, bis schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen.

Finanzielle Reichweite, oder: wie lange kann der Chef ausfallen, bevor es zu finanziellen Engpässen kommt?

Konkret geht es darum, wie groß die finanzielle Reichweite ist, bis meine Vertrauensperson oder mein Notfallteam Entscheidungen von existenzieller Tragweite treffen müssen. Zum Beispiel die Aufgabe, das Unternehmen einem Nachfolger zu verkaufen oder zu schließen.
Finanzielle was? Finanzielle Reichweite. Wenn Du den Begriff zum ersten Mal hörst, bitte nicht wundern. Ich habe ihn selbst erst im Jahr 2018 nach 20 Jahren Selbständigkeit kennengelernt und erkläre ihn Dir im weiteren Verlauf. Selbst wenn Du mit dem Ausdruck vertraut bist, bitte ich dich weiterzulesen. Vielleicht gibt es auch für dich noch ein paar wertvolle, neue Gedankengänge.

Der Gründer der Unternehmercoach GmbH, Stefan Merath, definiert finanzielle Reichweite so, dass es bei der Frage der finanziellen Reichweite darum geht, wie lange Deine Firma überleben kann, sofern sie durch ein unvorhergesehenes Ereignis – wie einen Notfall (oder eine Corona-Pandemie) – keinen Cent Umsatz mehr macht.

Aus dieser Definition lässt sich ableiten, dass es um die finanzielle Reichweite des Unternehmens geht und nicht um die des Unternehmers oder seiner Familie. Und die Grundannahme ein Ereignis ist, durch das das Unternehmen keine weiteren Einnahmen mehr erzielt.


Weiterlesen kannst du bei Thomas Schleicher Sorgenlos – Das ABC ganzheitlicher Unternehmervorsorge.Wie selbständige Familien nicht nur finanziell ihre Existenz schützen; dieser Text ist von S. 110-112 des Buches.

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